Sozialer Wohnraum in München
„Es gibt immer weniger bezahlbaren Mietwohnraum in München.“
Faktencheck:
Betrachtet man nur die Anzahl an neu genehmigten, öffentlich geförderten Wohnungen, gibt es tatsächlich immer weniger bezahlbaren Wohnraum. Allerdings liegt das vor allem an der sinkenden Anzahl an neu genehmigten Wohnungen insgesamt. Der Anteil genehmigter geförderter Wohnungen steigt hingegen.
Bei den Fertigstellungen zeigt sich jedoch aufgrund des Bauüberhangs ein anderes Bild: Hier sanken sowohl die absoluten Zahlen als auch der Anteil geförderten Wohnraums in den letzten Jahren leicht.
Die Erklärung für Interessierte:
Geförderter Wohnraum in München:
Derzeit kann die Stadt auf die Belegung von ca. 10 Prozent des Wohnungsbestands (von städtischen und privaten Wohnbaugesellschaften) Einfluss nehmen. Laut der Stadt München sind hiervon aktuell 47.000 Wohnungen in der Bindung.
Die Nachfrage nach gefördertem Wohnraum ist hoch. Laut dem 2023 veröffentlichten Bericht zur Wohnungssituation in München (Betrachtungszeitraum 2020/2021) warteten 2021 ca. 19.400 Menschen auf eine geförderte Wohnung, wovon jedes Jahr allerdings nur etwa 3.700 vergeben werden.
München hat nur etwa halb so viele Sozialwohnungen wie Hamburg. Berlin hat fast drei Mal so viele Sozialwohnungen wie München. Zudem sinkt die Anzahl an Sozialwohnungen in München, da ältere Wohnungen aus der Bindung fallen.
Die Statistik des Amts für Wohnen und Migration der Stadt München aus dem Bericht zur Wohnungssituation (S. 61) zeigt, dass die Vergabe geförderter Wohnungen seit 2012 auf einem niedrigen Niveau verweilt und tendenziell sogar zurückgeht.
Die gängigsten Formen der Förderung, die auch vom Amt für Stadtplanung und Bauordnung als statistische Größen verwendet werden, sind der 1. Förderweg, die sogenannte KomPro A/B/C, EOF, München Modell Miete, München Modell Baugenossenschaften und der Konzeptionelle Mietwohnungsbau. Eine andere Form von bezahlbarem Wohnraum bieten private Genossenschaftswohnungen. Aber auch hiervon gibt es in München deutlich weniger als in anderen Städten. Während München nur über gut 40.000 Genossenschaftswohnungen verfügt, gibt es in Hamburg ca. 120.000 davon. Im vergangenen Jahrzehnt wurden in München mehr als 1.400 Wohnungen von Genossenschaften gebaut, weitere 3.000 sind in Planung.
Der Belegungszugriff der Stadt München auf Wohnungen gestaltet sich zusammengefasst wie folgt:
- GWG: 29.000 Mietwohnungen
- GEWOFAG: 37.541 Mietwohnungen im Bestand (Statista 2022)
Ab 01/2024 werden beide Unternehmen zur Münchner Wohnen GmbH mit dann ca. 66.000 Wohneinheiten fusioniert.
Wenn man die Wohnungen mit Belegungsrecht hinzuzählt, hat die Stadt einen Einfluss auf die Belegung von insgesamt ca. 89.000 Wohnungen.
Entwicklung der geförderten Wohnungen in München
Die Bewilligungszahlen für den Bau öffentlich geförderter Wohnungen in München sind schwankend. Der Anteil der Genehmigungen von öffentlich geförderten Wohnungen (S. 73) steigt im Niveau seit 2017. Allerdings wird ein Rückgang der Zahl der neu genehmigten Wohnungen insgesamt auch zu einem Rückgang der Zahl der neu genehmigten geförderten Wohnungen führen.
Auch im Bereich der fertiggestellten Wohnungen im geförderten Wohnungsbau zeigt sich seit 2012 eine ähnliche Entwicklung. Zwar gab es 2019 und 2020 einen kleinen Aufschwung, dennoch ist auch hier das Niveau über zehn Jahre hinweg kaum gewachsen:
Beim Anteil an gefördertem Wohnraum am Gesamtwohnungsbestand liegt München im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten zurück, da von den 89.000 Wohnungen im (möglichen) Zugriff der Stadt 2021 lediglich 43.912 in der Bindung waren. Den höchsten Anteil an gefördertem Wohnraum gibt es in Berlin. Der Anteil an geförderten Wohnungen im Vergleich zum Gesamtbestand war, Stand 2021 im Detail wie folgt:
Stadt | Anteil (geförderte Wohnungen/Gesamtbestand) |
Anteil (Prozent) |
Berlin* | 142.343 / 1.998.155 | 8,5 % |
Hamburg** | 77.339 / 983.891 | 7,8 % |
Köln*** | 37.916 / 567.070 | 6,7 % |
München*** | 43.912 / 821.074 | 5,3 % |
Tabelle 1: Anteile geförderter Wohnungen im Jahr 2021
*Wohnungen der Mietpreis- und Belegungsbindung, unklar welcher Gesamtwohnungsstand als Rechenbasis genutzt wird, die beiden Zahlen stammen aus unterschiedlichen Quellen.
** Sozialwohnungsbestand (1. FW WoBindG und WoFG)
*** geförderte Mietwohnungen (1. Förderweg/Einkommenstyp A)
**** inkl. Wohnungsfürsorge, ehem. 3. Förderweg, KomPro, München Modell Miete
Weiterer, nicht „klassisch“ geförderter Wohnraum:
Neben städtischer Förderung gibt es auch staatliche und private Akteure, die in der Landeshauptstadt Wohnraum zu günstigeren Preisen bereitstellen:
1) Unternehmen/Werkswohnungen:
Einige Münchner Unternehmen bieten ihren Angestellten sogenannte Werkswohnungen an, also Wohnungen, die sich imBesitz des jeweiligen Unternehmens befinden. Oft werden diese nur zeitlich begrenzt an z.B. neu zugezogene Mitarbeitende oder Werkstudierende vergeben. Aufgrund der angespannten Situation am Wohnungsmarkt nehmen Unternehmen in den vergangenen Jahren wieder verstärkt das Thema Wohnungen auf, um Mitarbeitende zu binden.
Wohnungen werden oft deutlich unter den marktüblichen Mietpreisen angeboten. Folgende öffentliche Unternehmen besitzen beispielsweise Werkswohnungen in München.
- DB: 2020 errichtete der Konzern 74 Wohnungen in einem genossenschaftlichen Modell, die als günstiger Wohnraum für Lokführer vorgesehen sind.
- SWM: Die Münchner Stadtwerke sind im Besitz von ca. 1.000 Werkswohnungen, bis 2030 sollen es 3.000 sein.
- Flughafen München Gesellschaft: 2018 wurden 46 Wohnungen in Bogenhausen vermietet. Zudem besitzt die Gesellschaft 132 Serviced Apartments, die für max. sechs Monate gemietet werden können. Als längerfristiges Ziel wurde ein Bestand von 600 Wohnungen ausgegeben.
2) Studentisches Wohnen:
Das Studierendenwerk München hat insgesamt ca. 9.000 Zimmer in München. Die Zimmerpreise von Studierendenwerken gelten ebenfalls als unterdurchschnittlich im Vergleich zum hohen Münchner Mietniveau.
3) Staat/Land Bayern:
Die Stadibau GmbH ist ein Wohnungsunternehmen des Freistaats Bayern und im Besitz von ca. 8.400 Wohnungen. Im April 2023 wurde der Spatenstich für 550 weitere Wohnungen auf dem Gebiet einer ehemaligen Kaserne (McGraw-Gelände) gesetzt.
Wie in München, gibt es auch in anderen großen Städten „nicht-klassische“ Förderungen für Wohnraum.
Berlin
- 9.200 Wohnheimplätze des Studierendenwerks
- 9.018 Unterkünfte im Besitz bzw. Zugriff des Bundes (etwa durch Kontingentverträge)
Hamburg
- 4.400 Wohnheimplätze des Studierendenwerks
- Mehrere öffentliche Firmen mit Werkswohnungen:
- Hamburger Hochbahn (2.041 Wohnungen in Hamburg und Reinbek)
- Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg (300 Personalwohnungen)
Köln
Pläne der Stadt München für mehr bezahlbaren Wohnraum
Die Ziele für den Wohnungsbau, die sich die Stadt München selbst gegeben hat, wurden 2022 verfehlt. Es wurden 5.000 Wohnungen weniger gebaut als geplant und auch das Ziel, 2.000 neue Einheiten an geförderten Wohnungen zu bauen, wurde mit 1.880 Einheiten nicht erreicht.
Die Stadt möchte mehr bezahlbaren Wohnraum zum einen dadurch erreichen, dass sie selbst mehr Wohnraum besitzt, und zum anderen dadurch, dass die Vergabe neuer Wohnungsbauprojekte nicht mehr nur nach dem Prinzip des Höchstgebots erfolgt.
So verschärfte die Stadt 2021 die seit 1994 angewandte SoBoN, wonach bei Neubauprojekten auf privatem Grund ab einer gewissen Anzahl von Wohneinheiten 60 Prozent geförderte und preisgebundene Wohnungen entstehen müssen (zuvor 40 Prozent). Da die neuen Regulierungen unter Umständen zu weniger Bauvorhaben und somit auch zu weniger gefördertem Wohnraum führen können, forderten die FDP und CSU im Stadtrat im Juni 2023 eine Lockerung der Regulierungen, wie etwa eine zeitweise Rückkehr zur 40-Prozent-Förderungsquote. Eine Bewertung, ob die Änderungen an der SoBoN tatsächlich zu mehr geförderten Wohnungen führen, ist noch nicht möglich. Es bleibt abzuwarten, ob trotz der geforderten höheren Quote an geförderten Wohnungen aufgrund einer durch die Änderungen an der SoBoN induzierten rückläufigen Bautätigkeit dann in absoluten Zahlen wirklich mehr geförderte Wohnungen entstehen.
Im Mai 2023 wurden Pläne der Stadt bekannt, ein Finanzierungspaket von 270 Millionen Euro als Teuerungsausgleich für Bauträger, Genossenschaften und städtische Wohnungsunternehmen auszuzahlen. Dadurch soll die Errichtung von ca. 2.500 bezahlbaren Wohnungen erleichtert werden. Von diesen 2.500 Wohnungen werden 630 durch die Gewofag und GWG, 840 durch die Wohnungsbaugenossenschaften und 1.030 durch weitere Bauträger realisiert werden. Es handelt sich hierbei um KMB-Wohnungen (konzeptioneller Mietwohnungsbau) für Menschen, die für das München Modell bspw. ein zu hohes, für den freien Wohnungsmarkt aber zu geringes Gehalt haben. Auch auf Landesebene gibt es Anstrengungen zur Schaffung geförderten Wohnraums mittels eigener Bautätigkeit des Landes.